Rohstoffplanung: Wie steht der NABU zum agl-Vorschlag? 07.06.2019
Seit Jahren wird intensiv, z.T. kontrovers diskutiert, ob bzw. wie es künftig mit der Rohstoffgewinnung im Landkreis Vulkaneifel weitergehen soll. Konkreter Anlass dazu ist die Aufstellung des neuen Raumordnungsplans (ROP). Im Auftrag der Planungsgemeinschaft (PLG) Trier, zuständig für die Aufstellung des ROP, hat das Fachbüro agl in Saarbrücken einen Plan mit Vorschlägen für die künftige Rohstoffgewinnung im Kreis erarbeitet. Dazu stand ihm planerisch ein vom Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) benannter Flächenpool von geeigneten Lagerstätten zur Verfügung, sog. Rohstoffpotenzialflächen (RPF). Unter Anwendung einer Abwägungsmatrix ermittelte agl die Flächen, deren Nutzung zur Rohstoffgewinnung unter Berücksichtigung der Belange wie Landschaftsbild, Artenschutz, Bodendenkmalschutz, Trinkwasserschutz, Mineralwasserschutz, Forst- und Landwirtschaft, Tourismus, Infrastruktur usw. verantwortbar und zulässig erschien. Der NABU hat den agl-Vorschlag nach den vier Grundsätzen bewertet, die der NABU zusammen mit den übrigen 5 anderen anerkannten Naturschutzverbänden 2010 hinsichtlich der Gewinnung von Lava- und Basalt gemeinsam aufgestellt hatte.
Erster Grundsatz: „Kein Abbau an Stellen, an denen bisher noch kein Abbau stattfand“
Bei den vom LGB genannten RPF waren 17 Flächen, an denen bisher kein Abbau stattgefunden hat oder ein solcher dort bereits vor längerer Zeit beendet worden war: Aarlei bei Üdersdorf, Asseberg bei Daun-Waldkönigen, Dietzenlei bei Gerolstein, Döhm bei Dreis, Goosberg bei Daun-Steinborn, Haardt bei Mehren, Hasenberg bei Trittscheid, Hasenberg bei Schönfeld, Holzmaarbereich bei Gillenfeld, Mühlenberg bei Oberbettingen, Nerother Kopf bei Daun-Neunkirchen, Reinertsberg bei Oberehe, Riemerichbereich bei Daun-Neunkirchen, Rossbüsch bei Kalenborn-Scheuern, Scharteberg bei Kirchweiler, Steineberger Lei und Wetschberg bei Oberbettingen.
Der agl-Vorschlag sieht für alle diese Berge/Bereiche keinen Abbau vor. In diesem Punkt entspricht der agl-Vorschlag vollständig dem 1. Grundsatz der Naturschutzverbände.
Zweiter Grundsatz: Kein weiterer Abbau von NSG oder ND
Bei den vom LGB genannten RPF waren mehrere Naturschutzgebiete oder Naturdenkmale mehr oder weniger direkt oder indirekt betroffen. Der agl-Vorschlag sieht bei großflächigen Schutzgebieten vor, dort gar keinen Abbau vorzunehmen. Kleinflächige, punktuelle Schutzgebiete nnerhalb der RPF liegen entweder abseits der eigentlichen Abbauflächen oder werden beim Abbau ausgespart.
Damit erfüllt der agl-Vorschlag auch die Forderungen des zweiten Grundsatzes der Naturschutzverbände.
Dritter Grundsatz: An besonders markanten Bergen kein Abbau über den genehmigten Bereich hinaus
An folgenden 17 Bereichen schlägt agl vor, nur noch den Bereich abzubauen, für den derzeit bereits eine rechtskräftige Abbaugenehmigung vorliegt: Baarlei/Geißhecke bei Pelm, Goldberg bei Ormont, Goßberg bei Walsdorf, Grube Bettendorf bei Oberstadtfeld, Grube Bewingen, Grube Cordel bei Gees, Grube Leyendecker bei Deudesfeld, Hoher List bei Schalkenmehren, Radersberg bei Brück, Ringseitert bei Kirchweiler, Rockeskyller Kopf, Rother Hecke bei Gerolstein, Ruderbüsch bei Oberbettingen, Steinbruch Lissingen, Tommelberg bei Oberwinkel, Weinfeldbereich bei Schalkenmehren, Wöllersberg bei Gerolstein.
Die Begrenzung auf den genehmigten Abbau soll nicht nur z.B. am markanten Rockeskyller Kopf, sondern darüber hinaus auch an weniger markanten Stellen erfolgen. Damit geht der agl-Vorschlag sogar deutlich über die Forderung des dritten Grundsatzes der Naturschutzverbände hinaus.
Vierter Grundsatz: Rückführung des Flickenteppichs an Gruben; Beschränkung auf wenige, große Tagebaue
Erweiterungsmöglichkeiten zur Gewinnung von Lava und Basalt sieht der agl-Vorschlag an den nachfolgenden 13 Bereichen vor. Bis auf das Vorbehaltsgebiet am Niveligsberg bei Drees am Nürburgring handelt es sich dabei ausschließlich um Erweiterungen bereits bestehender Gruben. Das Vorbehaltsgebiet am Niveligsberg grenzt an einen Off-Road-Park an.
Emmelberg bei Üdersdorf, Eselsberg bei Dockweiler, Feuerberg bei Hohenfels-Essingen, Hangelberg bei Hinterweiler, Kreuzberg bei Daun, Kyller Höhe / Lier bei Hillesheim, Löhlei bei Üdersdorf, Mühlenberg bei Hohenfels-Essingen, Niveligsberg bei Drees, Rother Kopf, Roth, Schwarzlay bei Kaperich, Steinbruch Birresborn, Wartgesberg bei Strohn.
Der NABU hätte es begrüßt, wenn agl noch weniger Vorrang- und Vorbehaltsgebiete vorgeschlagen hätte und hatte dies auch in sener Stellungnahme vorgeschlagen. Der NABU sieht aber mit den zahlreichen auslaufenden Abbaubereichen den bisherigen Flickteppich an Gruben deutlich reduziert und den künftigen Abbau auch überwiegend auf bereits existierende, große Abbaubereiche begrenzt.
Durch die sehr starke Berücksichtigung der 4 Grundsätze reicht der agl-Vorschlag nach Ansicht des NABU deutlich an das heran, was bei realistischer Sicht und bei Beachtung der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen zum Schutz der Landschaft erforderlich ist und möglich erscheint. Hinzu kommt noch, dass der agl-Vorschlag einen Raum mit besonderem Koordinierungsbedarf ausweist. In diesem Raum ist Gesteinsabbau außerhalb der genehmigten Abbauflächen de facto ausgeschlossen.
Wie sehen die übrigen Naturschutzverbände den agl-Vorschlag?
Die übrigen Naturschutzverbände sind der Auffassung, der agl-Vorschlag bevorzuge „einseitig die Interessen des Gesteinsabbau“, wie es in der Stellungnahme der Verbände heißt. Eine Auffassung, die angesichts der oben dargelegten Fakten nicht nachzuvollziehen ist.
Die 2010 vom NABU noch zusammen mit den übrigen 5 anerkannten Naturschutzverbänden in der Arbeitsgemeinschaft Dauner Naturschutzverbände (AGNV) aufgestellten 4 Grundsätze für eine "sachgerechte Beurteilung der Vereinbarkeit der Belange der Rohstoffsicherung mit denen des Natur- und Landschaftsschutzes im Landkreis Vulkaneifel" sahen eine generelle Ablehnung der Ausweisung von neuen Vorrang- oder Vorbehaltsgebieten zur Rohstoffgewinnung nicht vor. Im Widerspruch dazu fordert jedoch die AGNV heute, auf jegliche Ausweisung neuer Abbauflächen zu verzichten. Der NABU ist weder bereit, diese völlig unrealistische Forderung mit zu vertreten noch die damit verbundene Abweichung von den vereinbarten Grundsätzen zu akzeptieren und hat daher schon vor einiger Zeit seine Mitarbeit in der AGNV beendet.
Die Forderung der Naturschutzverbände ignoriert die rechtlichen Rahmenbedingungen
Vor allem aber stehen der Forderung, keine Flächen für Grubenerweiterungen im kommenden Raumordnungsplan auszuweisen, die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen entgegen. Zuständig für die Ausweisung solcher Flächen ist die Planungsgemeinschaft (PLG) Trier. Sie hat dazu nicht nur die Befugnis, es ist vielmehr eine ihrer Aufgaben, auf Grundlage der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen (Bundesberggesetz, Landesentwicklungsprogramm) Flächen für die Rohstoffgewinnung auszuweisen. Ein Raumordnungsplan ohne Ausweisung von Abbauflächen würde als sog, Verhinderungsplanung nicht vom Innenministerium als zuständiger Genehmigungsbehörde genehmigt werden.
Dass beim Gesetzgeber oder bei den Parteien Absichten vorhanden wären, die änderungsbedürftigen rechtlichen Rahmenbedingungen in naher Zukunft zu ändern, ist nicht zu erkennen. Mit der Forderung, im kommenden Raumordnungsplan jegliche Grubenerweiterung auszuschließen, gehen die Verbände nicht nur völlig an den Realitäten vorbei, sie erwecken zudem nur zu enttäuschende Erwartungen.